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TSV Vaterstetten e.V. - Leichtathletik

Leichtathletik für Wettkämpfer, Leistungssportler und Freitzeitathleten

06.11.2016

Krönender Abschluss (Update!)

von Christian Töpfer

Gold und Silber für Gerhard Zorn in den Staffelläufen bei der Senioren-WM

Mit einem zweiten Platz in der 4x100-Meter-Staffel und einem ersten Platz in der 4x400-Meter-Staffel krönte Gerhard Zorn seinen Auftritt bei der Senioren-Weltmeisterschaft in Australien. Somit nahm er fünf Medaillen mit nach Hause und darf sich Doppel-Weltmeister nennen.

Als Schlussläufer in der Zielkurve: Gerhards Vorsprung im 4x400-Meter-Lauf war so groß, dass er auf einen Schlussspurt verzichten konnte. (Screenshot vom Live-Stream)

Jeweils drei Läufe über 100, 200 und 400 Meter hatte Gerhard Zorn schon in den Knochen (--> hier nachzulesen), als am letzten Tag der Senioren-WM in Australien die Staffelwettbewerbe anstanden. Aufgrund der Einzelleistungen zählte die deutsche Mannschaft in der Altersklasse M60 jeweils zu den Favoriten. Am Ende sprang für Gerhard eine Silbermedaille in der "kurzen" und eine Goldmedaille in der "langen" Staffel heraus.

Über 4x100-Meter war es am Ende ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Den komfortablen Vorsprung konnte der deutsche Schlussläufer gegenüber dem neuen Einzelweltmeister über 100 Meter aus Japan nicht halten. Am Ende gewann Japan mit einer Zeit von 49,11 Sekunden und 23 Hundertstelsekunden Vorsprung vor dem deutschen Team, Dritter wurden die USA. Gerhard lief an Position 2.

Ganz anders verlief das 4x400-Meter-Rennen. Von Anfang an lag die deutsche Mannschaft an der Spitze und baute ihren Vorsprung kontinuierlich aus. Als Gerhard als Schlussläufer den Staffelstab übernahm, hätte ihn nur noch ein Sturz vom Gewinn seiner zweiten Goldmedaille abhalten können. Nach 3:53,70 Minuten hatte das deutsche Team am Ende fast 100 Meter Vorsprung auf Australien. Dritter wurde Großbritannien.

Somit kommt Gerhard mit zwei Goldmedaillen (400 Meter, 4x400 Meter), zwei Silbermedaillen (200 Meter und 4x100 Meter) und einer Bronzemedaille (100 Meter) aus Perth zurück.

Und hier sind Gerhards Eindrücke vom letzten Tag aus Perth:

Heute war letzter Wettkampftag mit den Staffeln über 4x100 und 4x400 Meter. Im Vorfeld hatten wir uns durchaus Hoffnung auf zweimal Gold gemacht. Immerhin waren jeweils drei Deutsche, Rudolf König, Reinhard Michelchen und ich, in die Finalläufe über 100 Meter und 400 Meter gekommen. Das 4x100-Meter-Team wurde von Ernst Becker vervollständigt, das 4x400-Meter-Team durch Karl Dorschner, dem neuen Weltmeister aus der Altersklasse M65. Für die 4x400 Meter hatten wir uns bereits vor einem Jahr in Lyon verabredet, allerdings mit Wolfgang Kreemke aus Potsdam. Dieser musste allerdings im Sommer wegen Achillessehnenproblemen aussetzen. Wir waren deswegen sehr froh, dass Karl Dorschner uns verstärken konnte.

Bei den Staffelwettbewerben gibt es im Call Room viele Unwägbarkeiten, erst recht, wenn noch sprachliche Probleme dazukommen. Das ist manchmal ein unglaubliches Chaos, war von den Australiern aber mustergültig organisiert.

Als Teilnehmer fühlte man sich allerdings wie bei einem Viehtrieb. Am Anfang wurden wir nach unterschiedlichen Kriterien zwischen Metallzäunen aufgestellt, was irgendwie an einen Stall erinnerte. Dann wurde eine Nation nach der anderen am Kampfrichtertisch vorbeigeführt, wo nochmal Startnummer und Position im Lauf geprüft wurde. Dann ging es im Gänsemarsch ins Stadion, in die Nähe des Zielbereichs. Dort machten wir uns rennfertig, also Spikes und Trikot anziehen etc., und wurden in die nächsten Ställe geführt, diesmal nach zugeteilter Laufposition, also die Starter in einem Stall, die zweiten Läufer im nächsten usw. Und in den einzelnen Ställen auch noch nach zugeteilter Bahn sortiert.

Endlich wurden wir auf die Bahn zu unserer jeweiligen Position gebracht. Als zweiter Läufer unserer Mannschaft beim 4x100-Meter-Lauf war das für mich am Ende der Startkurve. Dort habe ich meine Ablaufmarkierung ausgemessen, also den Punkt, bei dem ich ablaufen würde, wenn Rudolf König als Startläufer dort ankommen würde. Wo das in etwa sein könnte, hatten wir beim Aufwärmen noch ausprobiert und abgemessen. Jetzt musste ich nur noch auf den Startschuss warten.

Als der schließlich kam, behielt ich Rudi die ganze Zeit im Auge, lief korrekt ab und bekam den Stab gut übergeben. Auf meinem Teilstück blies ein sehr kräftiger Gegenwind, aber der störte nicht wirklich. Ich konnte den Vorsprung, den Rudi bereits erlaufen hatte, noch um ein paar Meter ausbauen, bis die Stabübergabe zu Reinhard Michelchen anstand. Diese Übergabe verlief leider nicht ganz glatt, denn Reinhard musste ein klein wenig abbremsen, um den Stab zu bekommen. Ich touchierte bei der Übergabe seinen Fuß, was ihn aber seiner späteren Aussage zufolge nicht störte. Nur ich selbst verlor dabei das Gleichgewicht, stürzte, drehte eine Rolle vorwärts und schlug mit dem Knie auf die Bahn.

Im Fallen dachte ich tatsächlich noch daran, dass ich in meiner Bahn bleiben müsste, denn unsere Hauptkonkurrenten, die USA, liefen rechts neben uns und der Sturz trieb mich natürlich von unserer Bahn 3 nach außen. Wenn ich die Amerikaner, die in diesem Augenblick hinter uns waren, mit dem Sturz behindert hätte, wären wir disqualifiziert worden.

Alles Theorie, denn ich blieb auch nach dem Sturz in unserer Bahn liegen, allerdings etwas benommen. Nur durch den immer lauter werdenden Stadionsprecher bekam ich mit, dass das Rennen einen für uns unerwarteten Lauf nahm. Auch der dritte Wechsel von Reinhard zu Ernst Becker war gut gelaufen, Ernst hatte den Stab mit gutem Vorsprung bekommen. Aber völlig unerwartet kam nicht rechts von ihm der Amerikaner, sondern links von ihm  der Zweite des 100-Meter-Finales, der Japaner Oe, immer näher.

Kurz vor dem Ziel konnte der Japaner Ernst tatsächlich noch überholen. Die Japaner hatte vorher niemand auf der Rechnung gehabt, genau wie im Einzel-Finale. Staffeln haben eben doch ihre eigenen Gesetze, manchmal im positiven, manchmal auch im negativen Sinn. Wir hatten also "nur" die Silbermedaille gewonnen und durften uns die japanische Nationalhymne anhören. 

Für den 4x400-Meter-Lauf, der für ein paar Stunden angesetzt war, machte ich mir nach meinem Sturz nun doch ein wenig Sorgen, denn mein Knie schmerzte deutlich. Beim Aufwärmen konnte ich allerdings feststellen, dass es eben nur Schmerzen waren, aber keine Beeinträchtigung. Zwar machte sich schon eine Schwellung bemerkbar, aber ich bleib zuversichtlich.

Wir wollten dieses Rennen gewinnen, am liebsten in irgendeiner Rekordzeit, die sich zumindest rechnerisch ergeben hatte, wenn wir Bestzeit laufen würden. Zum Glück verlief dieses Rennen für uns wie geplant und ich bekam den Stab als Schlussläufer mit gutem Vorsprung übergeben. Meine Runde konnte ich locker hinter mich bringen, an mein Knie dachte ich während des Laufs nicht, zumindest dafür ist Adrenalin ganz gut. Am Ende hat es nicht zu einem Weltrekord gereicht, aber immerhin konnten wir den seit 1999 bestehenden Europarekord in der M60 um fast eine Sekunde verbessern, der damals durch die deutsche Mannschaft unter Beteiligung eines gewissen Guido Müller aufgestellt wurde. (Ich muss Guido mal fragen, ob ich dafür auch eine Flasche Wein bekomme, oder vielleicht sogar jedes Mitglied unserer Staffel. Das würde ihn als Schwabe hart treffen.)

Ich bin jetzt doch ganz froh, dass die Wettkämpfe vorbei sind und ich nicht nochmal laufen muss, denn mein lädiertes Knie schwabbelt mittlerweile ganz kräftig. Aber das ist in ein paar Tagen sicher wieder weg.

--> zu den kompletten Ergebnissen
--> zu weiteren Berichten über und von Gerhard


Vier Herren und vier Goldmedaillen: Gerhard Zorn (l.) mit seinen Staffelkollegen Karl Dorschner, Reinhard Michelchen und Rudolf König nach dem erfolgreichen 4x400-Meter-Lauf.