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TSV Vaterstetten e.V. - Leichtathletik

Leichtathletik für Wettkämpfer, Leistungssportler und Freitzeitathleten

18.06.2016

Wille, Ehrgeiz, Freude – unschlagbar

Georgina Schneid bei der DM der Gehörlosen – ein persönlicher Rückblick

Mit zwei Gold-, drei Silber- und einer Bronzemedaille ist Georgina Schneid von der DM der Gehörlosen zurückgekehrt. Besonders stolz machte sie jedoch der Auftritt ihres Vaters.

Unwiderstehlich zum Sieg über 100 Meter: Georgina Schneid (2.v.r.) läuft ihren Konkurrentinnen davon. (Foto: Anton Schneid)

Wie sich jeder hörgeschädigte Sportler darauf gefreut hat: Vom 26. bis 28. Mai fand das 24. Deutsches Gehörlosen-Sportfest in Essen statt. Warum dieses Sportfest so einzigartig ist? Es findet nur alle vier Jahre statt und ist eine der größten Sportveranstaltungen für Gehörlose in Deutschland. Etwa 1.300 Wettkämpfer sowie Wettkämpferinnen und zahlreiche Besucher waren anwesend.
Eingebettet in das Sportfest waren die Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften mit dem umfangreichsten Wettkampfplan aller Sportarten. Durchgeführt wurden 88 Einzelwettkämpfe, von den Kleinkindern bis zu den Senioren. Man hatte das Gefühl, dass dort es von Läufern, Springern und Werfern nur so wimmelte.

Von meinem Verein, dem GSV München Leichtathletik, waren wir mit 70 Sportlern und Sportlerinnen angereist. Meine Trainer vom TSV Vaterstetten hatten mich in den Wochen vorher gut auf meine vielen Starts vorbereitet.

Am ersten Tag  stand zuerst das Kugelstoßen auf meinem Plan. Ich wurde mit der überraschend guten Weite von 9,10 m Dritte. Katja Hopf (GSV München), ein alter Hase, belegte den zweiten Platz mit der Weite von 9,54 m. Mit einer Weite von 10,55 m hat Felicitas Merker (DJK Rheinkraft Neuss) den Titel klar verteidigt.

Über 100 Meter waren sogar zwei Vorläufe angesetzt, weil zehn Frauen gemeldet hatten. Im Vorlauf lief ich mit der Zeit von 13,33 Sek. ins Ziel. Im Endlauf war ich so motiviert, dass ich einen guten Start absolvierte und mit der Zeit von 13,13 Sek. als Erste ins Ziel kam. Kaum zu glauben, aber mein Vorsprung war ziemlich groß, weil Katja Rakusa (GTSV Essen) als Zweite 14,05 Sek. benötigte und die ehemalige gehörlose Europameisterin im 100-Meter-Lauf, Jessica Urbanski (GTSV Essen), Dritte wurde.

Nach diesem erfreulichen Lauf kam ein weiteres Highlight des Tages: die 100 Meter der Senioren. Außergewöhnlich auch für mich, denn mein Papa, Anton Schneid, lief mit. Eigentlich arbeitet er nur als "ewiger" Sportfotograf für den Deutschen Gehörlosen Leichtathletik-Verband. Mein Papa kam als Dritter mit der Zeit von 18,58 Sek. ins Ziel – und viele haben ihm zugejubelt. Nach der Siegerehrung hat er den restlichen Tag mit seiner Bronzemedaille verbracht. Ich war sehr stolz auf ihn, auch wenn ich mir gewünscht hatte, dass er vor dem Sportfest überhaupt etwas trainiert hätte.

Am Ende des Tages fanden die 4x100-Meter-Staffelläufe statt. Schon wieder hat die DJK Rheinkraft Neuss uns (Nadine Brutscher, Johanna Modlmair, Sarah Usadel) vom GSV München geschlagen. Mit der Zeit von 53,84 Sek. haben wir den zweiten Platz belegt. Trotzdem sind wir zufrieden, da zwei junge Mädels der Jahrgänge 2000 und 2001 bei uns mitgelaufen sind.

Am zweiten Tag machte ich aus Spaß beim Diskuswerfen mit. Ich merkte aber, dass mich diese Disziplin nicht weiterbrachte. Mit der Weite von 21,62 m wurde ich Vierte.
Dann standen die 200 Meter auf dem Programm. Zwischen meiner Lieblingskonkurrentin, Felicitas Merker, und mir hatte es schon immer große Duelle gegeben, weswegen wir uns auf diesen Lauf gefreut haben. Leider gab es aufgrund der technischen Probleme zweimal Fehlstarts. Eigentlich nicht so schlimm, doch wir haben es nicht bemerkt. Es gab keine Kampfrichter, um uns abzuwinken. Weil Felicitas beim ersten Lauf bereits 80 Meter hinter sich hatte und wir beide beim zweiten Lauf etwa 100 Meter gelaufen waren, waren unsere Kräfte schon verbraucht. Erst beim dritten Versuch konnten wir richtig loslegen. Weil mir am Ende ein bisschen Kraft fehlte, konnte sie mich auf den letzten Metern überholen. Sie lief in der Zeit von 27,74 Sek. ins Ziel, ich war nur 0,09 Sek. langsamer. Hat trotzdem Spaß gemacht und ich gönne ihr den Sieg!

In meiner Lieblingsdisziplin Speerwurf wurde danach mein Wunsch erfüllt, den Titel zu verteidigen. Ich kam auf 33,19 m. Meine Vereinskollegin, Nadine Brutscher, wurde mit von 32,77 m Zweite.

Zum Schluss gab es einen "schönen" Abschluss: die 4x400-Meter-Staffel. Am Start waren Nadine Brutscher, Nina Wuczynski, Sarah Usadel und ich. Den Titel konnte DJK Rheinkraft Neuss verteidigen, wir wurden Zweite. Aber wenn ich ehrlich bin, war unsere Stimmung viel besser.

Fazit: Im Mai hatte ich bereits zwei Wettkämpfe im Trikot des TSV Vaterstetten bei Hörenden absolviert, dennoch waren meine Leistungen nicht zu vergleichen. Der Wille, der Ehrgeiz und die Freude sind bei den Deutschen Gehörlosen-Meisterschaften einfach unschlagbar. Insgesamt waren 173 Teilnehmer aus 19 verschiedenen Vereinen am Start, und wir vom GSV München Leichtathletik haben 83 Medaillen gesammelt. Das perfekte Wetter, das Wiedersehen mit den Gehörlosen und meine Leistungen haben mich sehr glücklich gemacht.

(bearbeitet von Christian Töpfer)
--> zu den kompletten Ergebnissen

Sonst hält Anton Schneid (l.) die Kamera in der Hand, hier wird er mal fotografiert: Kurz nach dem Start im 100-Meter-Lauf der Senioren.