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12.04.2019
Mit dem letzten Schritt zu Gold gelaufen
Guido Müller berichtet von der Senioren-Hallen-WM
Bei der Senioren-Hallen-Weltmeisterschaft vom 24. bis 30. März im polnischen Torun waren auch „die üblichen Verdächtigen“ vom TSV Vaterstetten für Deutschland am Start: Gerhard Zorn und Guido Müller. Hier der Bericht von Guido Müller, der zum sechsten Mal bei einer Senioren-Hallen-WM dabei war.
Bevor ich mit meinem Rückblick auf die vom 24. bis 30. März im polnischen Torun stattgefundene 8. Senioren-Hallen-Weltmeisterschaft beginne, möchte ich auf die in Torun vor vier Jahren stattgefundene 10. Senioren-Hallen-Europameisterschaften zurückkommen, an die ich ganz besondere Erinnerungen habe. Damals hatte ich die Ehre, während der Eröffnungsfeier den sogenannten „Athleteneid“ für die männlichen Teilnehmer zu sprechen. Eine weitere Ehre für mich war, dass ich bei der Schlussfeier vom Europaverband als der beste Seniorenathlet des Jahres 2014 geehrt wurde. Fast hätte ich damals meine Teilnahme absagen müssen, denn nur drei Tage vor unserer Abreise war ich beim Hürdentraining so schwer gestürzt, dass ich mir den linken Ellbogen (Radiusköpfchen) gebrochen hatte. Dank der sofort eingeleiteten Behandlung wagte ich einen Start in Torun und gewann mit einer Schiene am gebrochenen Ellbogen sogar die 400 m und mit dem deutschen Team die 4x200-m-Staffel. Mein Einsatz unter diesen Bedingungen hatte allgemeines Aufsehen hervorgerufen.
Nun zu diesem Jahr: Bereits drei Tage vor meinem ersten Start, dem 400-m-Vorlauf, flogen meine Frau und ich nach Warschau. Von dort aus ging es weiter mit dem vorbestellten Shuttlebus in das. ca. 240 Kilometer entfernte Torun. Die 50 Passagiere des Busses setzten sich aus elf Nationen zusammen, darunter waren neun Teilnehmer aus Korea. Insgesamt waren Teilnehmer aus 88 Nationen mit insgesamt 4.400 Teilnehmern, darunter 475 Deutsche, gemeldet.
Die Stadt Torun hat etwas über 200.000 Einwohner. Hier wurde im Jahre 1473 der weltberühmte Astronom Nikolaus Kopernikus geboren. Dank der vielen unversehrt erhaltenen Gebäuden wurde die Altstadt von Torun vor einigen Jahren zum Weltkulturerbe ernannt. Von unserem Quartier aus konnten wir die Altstadt mit ihren prächtigen und teilweise mächtigen Gebäuden in ca. 15 Minuten zu Fuß erreichen.
Dieses Mal wohnten wir in einem geräumigen Appartement, das nur ca. zwölf Gehminuten von der Sporthalle entfernt war Diese große und wunderschöne Halle ist noch ziemlich neu und die ausladenden Kurven sind eher flach gehalten, was für Leichtathletikwettbewerbe ideale Voraussetzungen sind.
Insgesamt sieben Einsätze absolvierte ich bei dieser Weltmeisterschaft. Bei meinen drei Disziplinen in der Altersklasse M80, 60 m, 200 m und 400 m, waren jeweils zwei Vorläufe erforderlich. Für das deutsche Team war ich zudem in der 4x200-m-Staffel eingesetzt.
Von den elf gemeldeten Teilnehmern über 400 m waren nur sieben Athleten am Start, sodass bei den beiden 400-m-Vorläufen nur ein Teilnehmer nicht das Finale erreichte. Mein bayerischer Mitstreiter Hermann Beckering lief ganz locker als Sieger des ersten Vorlaufs 1:24,1 Minuten. Im zweiten Vorlauf lief der US-Amerikaner Mike Stewart nach eigenen Angaben fast voll aus und erreichte als Sieger1:24,0 Minuten, während ich mit der gleichen Taktik wie Beckering lief und als Zweiter auf 1:27,7 Minuten kam. Erwähnenswert ist hier, dass der gemeldete Weltrekordhalter aus den USA, Bob Lida, in Torun zwar anwesend war, aber über 400 m nicht antrat. Es zeigte sich bei den Vorläufen, dass die Medaillen wohl unter Beckering, Stewart und mir verteilt werden.
So kam es dann auch im 400-m-Finale. Nach einer Runde gingen Stewart und Beckering knapp vor mir in die Kurve. Da mir das Tempo etwas zu langsam erschien, setzte ich auf der Gegengeraden an, die beiden Führenden zu überholen. Als Beckering das spürte, verschärfte er etwas das Tempo und überholte seinerseits den Amerikaner, den ich dann etwas später auch überholte. Mein bayerischer Mitstreiter bog mit ca. vier Metern Vorsprung in die Zielgerade ein. Als ich spürte, dass er etwas schwächer wird, schöpfte ich Hoffnung, ihn doch noch besiegen zu können. Kurz vor dem Ziel hatte ich ihn fast erreicht und „mit dem letzten Schritt“ und mit Zielvorlage besiegte ich ihn mit vier Hundertstelsekunden Vorsprung, was ich kaum noch für möglich gehalten hatte. Unsere Zeiten waren 1:17,79 Min. und 1:17,83 Min. Ich freute mich riesig über den hart erkämpften Sieg. Mit dieser Zeit blieb ich etwas über eineinhalb Sekunden über meinem anfangs Februar in Fürth gelaufenen Europarekord (hier nachlesen).
Über mein Mitwirken über 60 m ist rasch berichtet. Es gab zwei Vorläufe am Vormittag. Mit einer Zeit von erstmals über 10 Sekunden (10,03) qualifizierte ich mich für das Finale am nächsten Tag. Im Finale wurde ich nur Vierter mit der sehr schwachen Zeit mit 9,96 Sek. Bob Lida gewann mit 9,30 Sek. vor den beiden Deutschen Nehren mit 9,38 Sek. und Schmid mit 9,50 Sek. Beckering trat wegen Verletzung nicht mehr an.
Nach einem Ruhetag fanden am Vormittag die 200-m-Vorläufe und am Abend das Finale statt. Der Favorit für den Sieg war Weltrekordhalter Bob Lida, der mit 31,67 Sek. die 200 m gewann, während ich mit 32,67 Sek. Zweiter wurde. Nehren holte sich mit 33,43 Sek. die Bronzemedaille und mit 33,49 Sek. wurde Willi Klaus Vierter.
Mit den vier deutschen Endlaufteilnehmern waren wir in der 4x200-m-Staffel die klaren Favoriten und wir konnten den Staffelwettbewerb auch klar gewinnen. Als Schlussmann hatte ich Lida als Verfolger. Doch der Vorsprung, den mir meine Staffelkameraden mitgegeben hatten, war auch für den Weltrekordhalter zu groß. Das Gastgeberteam gewann die Bronzemedaille.
Die Großveranstaltung war trotz einiger unerheblicher Pannen, die es auch in der Vergangenheit immer gegeben hat, vorbildlich organisiert, wofür den polnischen Gastgebern ein ganz großes Lob gebührt. Die Toruner Weltmeisterschaft war auch leistungsmäßig auf einem hohen Niveau. Allein 36 Weltrekorde wurden erzielt. Deutschland war die erfolgreichste Nation mit genau 100 Goldmedaillen,79 Silbermedaillen und 83 Bronzemedaillen, gefolgt von den USA mit 159 Medaillen (62/48/49) und Polen mit 182 Medaillen (60/64/58).
Nach Beendigung der Wettkämpfe verbrachten wir noch vier interessante und abwechslungsreiche Tage in Warschau. Von den acht Hallen-Weltmeisterschaften seit 2004 fanden sechs in Europa statt, bei denen ich an allen teilgenommen habe. Die nächste internationale Senioren-Meisterschaft ist die Europameisterschaft, die vom 5. bis 15. September 2019 im Großraum Venedig, in den Hafenstädten Jesolo, Eraclea und Caorle, stattfinden werden.
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